Die zwanziger Jahre
Neben den privaten Verlusten gab es nach Kriegsende auch gesellschaftliche Veränderungen.
Aus der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn geht 1920 die Tschechoslowakei hervor.
Der neu gegründete Staat garantiert alle Bürgern gleiche Rechte. Im Alltag bestehen
doch erhebliche Unterschiede zwischen dem Staatsvolk und den Minderheiten, zu denen die
Sudetendeutschen gehören. Beispielsweise werden Polizei- und Bürgermeisterposten
bis auf wenige Ausnahmen von Tschechen besetzt.
"Anton Günther litt während dieser Jahre nicht nur
schmerzlich am politischen Verlust seiner Heimat, sondern auch an der
sich immer unheilvoller auswirkenden völkischen Zerrissenheit
hüben wie drüben, an der Auflösung des herkömmlichen
Lebensgefüges."
(Dr. Gerhardt Heilfurth 1937)
Noch immer war das Herüber und Hinüber zwischen Sachsen und Böhmen ohne
Schwierigkeiten möglich. Besonders oft sang Anton Günther in Oberwiesenthal,
wo der Fremdenverkehr inzwischen Aufschwung genommen hatte. Doch auch in Großstädten
wie Berlin, Dresden und Wien war er ein gern gesehener Gast. Seine immer mehr zur
einschlägigen Musikliteratur zählenden Lieder erschienen in Heftreihen für
Gesang und Klavierbegleitung, Gitarre, Zither, Akkordeon oder Bearbeitungen für Chor und
Orchester.
Schallplattenaufnahmen für das Grammophon, Rundfunksendungen und ansprechende
Liedpostkarten trugen dazu bei, dass die Weisen in erzgebirgischer Mundart immer
stärkerer Bestandteil der deutschen Volksmusik wurden.
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